Arbeitgeber aufgepasst: Anspruch auf Jahresurlaub wird zum Boomerang

Der EUGH hat in seinen letzten Urteilen noch einmal deutlich klar gemacht, wie stark die Rechte der ArbeitnehmerInnen schon sind. Hintergrund ist der Anspruch auf Jahresurlaub und die Vererbbarkeit solcher Ansprüche auf die Hinterbliebenen des Arbeitnehmers. Für Arbeitgeber wird der Anspruch auf Jahresurlaub damit zum Boomerang.

Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ohne Antrag

Bereits 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EUGH) eine arbeitnehmerfreundliche Entscheidung zum Jahresurlaub gefällt. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass der Anspruch auf Jahresurlaub nicht verfällt, wenn der Arbeitnehmer keinen entsprechenden Antrag auf Urlaub gestellt hat. Auch betonte der Gerichtshof damals schon, dass der Begriff des bezahlten Jahresurlaubs bedeutet, dass für die Dauer des Jahresurlaubs das Entgelt des Arbeitnehmers fortzuzahlen ist. Stirbt Ihr Arbeitnehmer und endet damit das Arbeitsverhältnis darf das nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen.

Thomas Kujawa von fachkraeftesicherer.deIch bin gerne für Sie da!
Ich bin Thomas Kujawa und Ihr persönlicher Ansprech­partner bei den Fach­kräfte­sicherern. Sie erreichen mich unter 0341-355408-12 . Oder Sie hinterlassen einen Rückrufwunsch. Ich werde mich schnellstmöglich melden und klären, wie ich Sie bei der Fachkräftesicherung unterstützen kann.

Weitere Fälle zum Jahresurlaub vor dem EUGH

Gleich mehrere Fälle (C-619/16, C-684/16, C-569/16, C-570/16 ) haben deutsche Gerichte zur Klärung am EUGH vorgelegt.

In zwei weiteren Fällen klagten Arbeitnehmer auf die Vergütung von nicht genommenen Jahresurlaub. Ein Arbeitnehmer aus Berlin (C-619/16) hatte sich für die letzten Monate in der Zeit seines Referendariats entschieden keinen Urlaub zu nehmen. Der Arbeitgeber wollte für den entgangenen Urlaub keine nachträgliche Vergütung zahlen, weil er der Ansicht war, dass der Kläger jederzeit hätte Urlaub nehmen können. Und auch im zweiten Fall wollte ein Angestellter Urlaub von 51 Tagen vergütet haben. Dieses lehnte der Arbeitgeber ab, weil kein Antrag auf Urlaub gestellt wurde, obwohl der Arbeitgeber den Mitarbeiter ca. 2 Monate vor Ende des Beschäftigungsverhältnisses bat Resturlaub zu nehmen. Ein Verpflichtung den Urlaub zu einem Termin zu nehmen, erfolgte nicht.

Ausnahmen bei Urlaub und Krankheit

Wenn ein Arbeitnehmer länger krankgeschrieben ist, darf der Urlaub ausnahmsweise ins nächste und übernächste Jahr mitgenommen werden. Jedoch entschied das Landesarbeitsgerichts Hamm kürzlich, dass 15 Monate nach Ende des ursprünglichen Kalenderjahres der Anspruch verfällt, auch dann, wenn der Arbeitgeber seine Angestellten nicht ausdrücklich auf die Verfallsfrist hinweist. Denn laut Gerichtsurteil könne ein kranker Arbeitnehmer den Urlaub ohnehin nicht nehmen, weshalb auch die Hinweispflicht nicht greift.

Zur Sprache kamen die Grenzen von Ausnahmefällen durch einen Fall, der vor Gericht endete. Die Mitarbeiterin eines Krankenhauses hatte geklagt, nachdem ihr Arbeitgeber sich weigerte, den Urlaubsanspruch auszuzahlen. Die Arbeitnehmerin war seit 2017 dauerhaft erkrankt und hatte deswegen insgesamt 14 Tage Urlaub nicht nehmen könne. Ende 2018, wollte sie sich die Tage auszahlen lassen und betonte vor Gericht, dass ihr Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen sei. Jedoch ohne Erfolg, denn das Arbeitsgericht Paderborn entschied, dass der Urlaubsanspruch am 31. März 2019 nach der üblichen rechtlichen Regelung verfallen ist. 15 Monate nach dem Ende des Kalenderjahres, aus dem der Urlaubsanspruch ursprünglich stammt, ist der Anspruch auf übertragenen Urlaub somit hinfällig. Das Landesarbeitsgericht bestätigte das Urteil mit Be­schluss vom 15.04.2010, 16 Sa 1176/09.

Belehrung zum Jahresurlaub wird unumgänglich

Das erfordert von Ihnen eine erhöhte Sorgfalts- und Aufklärungspflicht.

Als Arbeitgeber müssen sie nicht nur auf den Jahresurlaub hinweisen sondern dafür sorgen, dass er zu nehmen ist!

Der EUGH führte in seinem Urteil aus, dass Jahresurlaub nur unter bestimmten Umständen verfallen kann und mahnte Arbeitgeber zur Aufklärung. Aus Sicht des EUGH ist der Arbeitnehmer immer die schwächere Partei gegenüber  Ihnen als Arbeitgeber. Er könnte aus Angst vor Nachteilen seine Rechte im Arbeitsverhältnis nicht durchsetzen. Somit müssen Sie als Arbeitgeber immer den Beweis erbringen, dass Sie Ihrem Arbeitnehmer in die Lage versetzt haben sein Rechte in Bezug auf den Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen.

Urlaub zu Erholung

Jahresurlaub nimmt Ihr Arbeitnehmer zum wirksamen Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit. Es ist zu gewährleisten, dass er über eine tatsächliche Ruhezeit verfügt.

Nur, wenn Ihr Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage auf seinen Jahresurlaub verzichtet hat, erlischt das Unionsrecht auf Vergütung (auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Natürlich darf das Unionsrecht niemals so ausgelegt werden, dass Ihr Arbeitnehmer sich veranlasst fühlen könnte aus freien Stücken in den betreffenden Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeiträumen keinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, um sein Arbeitsentgelt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse zu erhöhen.

Tod des Arbeitnehmers und der Anspruch der Erben

Die zwei weiteren Fälle (C‑569/16 und C‑570/16) bezogen sich auf die Vergütung von Urlaubsansprüchen nach Tod der Arbeitnehmer. Zwei Witwen klagten, dass sie, als Rechtsnachfolger der verstorbenen Ehemänner, Anspruch auf die Vergütung für nicht genommene Urlaubstage haben. Der EUGH stellte klar, dass die Erben eines Arbeitnehmers natürlich Anspruch auf die Vergütung haben, weil der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit dem Tod endet. Außerdem geht die Zahlung des Urlaubes durch den Arbeitgeber, als finanzielle Komponente,  in das Vermögen des Arbeitnehmers über und damit auch an die Erben.

Begründung des EUGH

Der EUGH beruft sich auf die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union, wo ausdrücklich das Grundrecht auf Bezahlung im Urlaub und damit engverbunden der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung von nicht genommenen Jahresurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses definiert ist. Definiert nun das nationale Recht etwas anderes als das Grundrecht der Europäischen Union können sich die Betroffenen, in diesem Falle die Witwen der Arbeitnehmer, auf europäisches Recht berufen.

Artikel 31 Absatz 2 regelt:
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.

Auch die nationalen Gerichte sind verpflichtet nach Europäischen Recht zu entscheiden. Ob es dabei um einen staatlichen oder privaten Arbeitgeber geht, ist egal.

Im Netzwerk teilen

2 Gedanken zu „Arbeitgeber aufgepasst: Anspruch auf Jahresurlaub wird zum Boomerang“

  1. Was ist mit dem Urlaubsanspruch bei einer Erkrankung über 12 Monate hinaus, wenn der Gesetzgeber auslegt das Urlaub zur Erholung dient. Von was soll sich der Arbeitnehmer erholen?
    Von seiner Erholung/Genesung? Von der Arbeit geht ja nicht.
    Hier läuft was richtig schief!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar