Einstellung und Handeln – Die 2 Seiten von Familienfreundlichkeit

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf genießt aus Sicht der Wirtschaft einen hohen Stellenwert. Dies ist das Ergebnis einer Befragung von 5.000 Unternehmen in Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Schweden und dem Vereinigten Königreich aus dem Herbst 2009, die vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die Robert-Bosch-Stiftung gefördert wurde. Den hohen Stellenwert bestätigen in allen sechs untersuchten Ländern mindestens acht von zehn Geschäftsleitungen.

Viele Unternehmen weisen sogar eine besonders familienfreundliche Unternehmenskultur auf

Das heißt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist selbstverständlich und Mitarbeiter mit und ohne Familienpflichten haben die gleichen Karriere- und Entwicklungschancen. Eine familienfreundliche Unternehmenkultur setzt zudem voraus, dass zwischen Geschäftsleitung und Beschäftigten ein angemessener Dialog über eine familienfreundliche Personalpolitik erfolgt. Demnach kann gut über ein Drittel (38%) der Unternehmen in Deutschland das Prädikat „familienfreundliche Unternehmenskultur“ ausgestellt werden. Damit liegen deutsche Unternehmen vor Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich (30%) und Polen (34%). Spitzenreiter ist Schweden mit 62%, gefolgt von Italien (55%) und Frankreich (48%).

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Eine familienfreundliche Unternehmenskultur hat einen positiven Einfluss auf die Anzahl der personalpolitischen Angebote. Allerdings bedeutet das Fehlen einer ausgeprägten familienfreundliche Haltung der Unternehmen nicht zwangsläufig, dass diese auf Angebote von familienfreundlichen Maßnahmen verzichten. Dies zeigt sich bereits beim Blick auf die Verbreitung familienfreundlicher Maßnahmen in den sechs Ländern. In Schweden und dem Vereinigten Königreich ist trotz unterschiedlicher Verbreitung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur die durchschnittliche Anzahl von Maßnahmen, mit denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden soll, am größten. Auch die deutsche Wirtschaft weist ein starkes Engagement zur Verbesserung der Vereinbarkeit auf. Dagegen ist das Engagement der Geschäftsleitungen in Frankreich, Italien und Polen insgesamt betrachtet schwächer ausgeprägt als hierzulande.

Flexible Arbeitszeiten und Förderung während und nach der Elternzeit stehen im Vordergrund

Teilzeitbeschäftigung, flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten und individuell ausgehandelte Arbeitszeiten sind in allen Untersuchungsländern die bevorzugten Instrumente, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Schwedische und britische Unternehmen bieten insgesamt mehr Maßnahmen im Bereich Arbeitszeitflexibilisierung/flexible Formen der Arbeitsorganisation an als deutsche Vergleichsfirmen, italienische und polnische weniger. Französische Betriebe unterscheiden sich beim Umfang ihres Engagements nicht signifkant von den Unternehmen hierzulande.

Eine umfangreiche Förderung berufstätiger Eltern vor, während und nach der Elternzeit ist in schwedischen und britischen sowie in deutschen Unternehmen zu beobachten. Die Betriebe in allen drei Ländern haben gemein, dass sie ihren Beschäftigten häufig ermöglichen, während der Elternzeit Teilzeit zu arbeiten. Hierzulande nehmen die Geschäftsleitungen nach eigener Einschätzung zudem besonders stark auf die Belange von Eltern Rücksicht, wenn Arbeitsprozesse geplant oder Termine vereinbart werden. Viele schwedische und britische Geschäftsführungen stellen den Mitarbeitern in Elternzeit Paten an die Seite und ermuntern häufig auch die männlichen Belegschaftsangehörigen , Elternzeit in Anspruch zu nehmen oder Teilzeit zu arbeiten.

Die Unterstützung der Mitarbeiter bei der Kinder- und Angehörigenbetreuung ist in allen sechs Ländern deutlich verhaltener als bei der Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation sowie bei der Elternzeit/Elternförderung. Wenn die Unternehmen aktiv werden, dann vor allem durch die Gewährung von Sonderurlaub über die gesetzlichen Ansprüche hinaus. Dies gilt im Fall kranker Kinder genauso wie bei pflegebedürftigen Angehörigen. Betriebliche Kinderbetreuungsplätze finden sich hingegen lediglich in Einzelfällen. Die Bereitstellung von Dienstleistungen zur Unterstützung der Mitarbeiter bei Haushalts- und Freizeitaktivitäten sowie zur Information und Beratung in rechtlichen Angelegenheiten spielt kaum eine Rolle.

Motive und Hemmnisse der Unternehmen bei der Einführung familienfreundlicher Maßnahmen

Mit Ausnahme von Deutschland ist die Erfüllung gesetzlicher oder tarifvertraglicher Vorgaben der wichtigste Beweggrund für die Geschäftsleitungen familienfreundliche Maßnahmen einzuführen. Hierzulande ist das Hauptmotiv die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit, gefolgt von der Aussicht auf eine Steigerung der Attraktivität des Unternehmens für Bewerber und Mitarbeiter sowie der Hoffnung auf Produktivitätszuwächse. Diese drei Motive spielen auch in den anderen fünf untersuchten Ländern eine große Rolle. Außerdem streben deutsche Unternehmen deutlich häufiger die schnelle Integration von Rückkehrern aus der Elternzeit in die betrieblichen Prozesse an als die Vergleichsunternehmen in anderen Staaten. Dagegen berichten sie im Vergleich zu den Unternehmen in den anderen fünf Ländern, dass die Mitarbeiter die Einführung familienfreundlicher Maßnahmen ausdrücklich gewünscht hätten.

Wo kein Bedarf besteht, existiert auch keine Handlungsnotwendigkeit

Mit Ausnahme von Polen zählt dies in den Untersuchungsländern zu den Hauptgründen dafür, dass die Unternehmen nicht aktiv werden. Überall unterbleiben Maßnahmen, die über staatliche und tarifvertragliche Vorgaben hinausgehen auch deshalb, weil diese Vorgaben als ausreichend erachtet werden. Zudem birgt staatliches Handeln die Gefahr, die Eigeninitiative der Unternehmen oder das Engagement der Sozialpartner zu verdrängen.

Quelle: BMFSFJ/IW Köln/Robert Bosch Stiftung, 2010, „Europäischer Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit“, Berlin/Köln

Über den Autor: Dr. rer. pol. Oliver Stettes , geboren 1970 in Leverkusen; Ausbildung zum Industriekaufmann; Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und Promotion an der Universität Würzburg; seit 2004 im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Senior Economist und Projektleiter im Arbeitsbereich Arbeitsorganisation und Mitbestimmung im Kompetenzfeld Personalökonomik innerhalb des Wissenschaftsbereichs Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik.

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