Vom Kunden zum Talent: Wie das Kano-Modell deine Personalbindung revolutioniert

Das Kano-Modell kennen viele aus der Produktentwicklung – doch seine Übertragung auf das Personalmarketing eröffnet gänzlich neue Perspektiven für die strategische Mitarbeiterbindung. Während sich früher alles um sichere Arbeitsplätze und angemessene Bezahlung drehte, verlangen heutige Talente nach Purpose, Flexibilität und individueller Wertschätzung. Das Kano-Modell hilft dir dabei, diese veränderten Erwartungen systematisch zu erfassen und in konkrete Maßnahmen umzusetzen.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse:

  • Das Kano-Modell strukturiert Mitarbeiterbedürfnisse in Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale – genau wie bei Kunden
  • Was früher als Begeisterungsmerkmal galt (flexible Arbeitszeiten), ist heute oft nur noch Basismerkmal
  • Erfolgreiche Personalarbeit erfordert die kontinuierliche Neubewertung dieser Kategorien, da sich Erwartungen generationsbedingt schnell wandeln

Das Kano-Modell: Vom Produktkunden zum internen Kunden

Das Kano-Modell, entwickelt 1978 vom japanischen Professor Noriaki Kano, revolutionierte ursprünglich die Produktentwicklung durch seine systematische Kategorisierung von Kundenanforderungen. Die zentrale Erkenntnis: Kundenzufriedenheit entsteht nicht linear – manche Eigenschaften sind selbstverständlich, andere schaffen echte Begeisterung.

Diese Logik lässt sich nahtlos auf das Personalmarketing übertragen. Mitarbeitende sind letztlich interne Kunden des Unternehmens, die ihre „Arbeitsleistung“ gegen eine Gesamtvergütung aus Gehalt, Benefits und Arbeitsplatzqualität tauschen. Genau wie externe Kunden haben auch sie unterschiedliche Erwartungsebenen.

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Basismerkmale (Muss-Kriterien): Diese werden als selbstverständlich vorausgesetzt. Fehlen sie, entsteht sofortige Unzufriedenheit – sind sie vorhanden, schaffen sie noch keine Motivation. Im Personalbereich gehören heute dazu: pünktliche Gehalts­zahlung, grundlegende Arbeitssicherheit, respektvoller Umgang und rechtskonforme Arbeitsbedingungen.

Leistungsmerkmale (Soll-Kriterien): Hier besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Erfüllung und Zufriedenheit. Je besser diese Merkmale erfüllt werden, desto zufriedener sind die Mitarbeitenden. Beispiele sind Gehaltshöhe, Weiterbildungsangebote oder die Qualität der direkten Führung.

Begeisterungsmerkmale (Kann-Kriterien): Diese überraschen positiv und schaffen echte emotionale Bindung. Sie werden nicht erwartet, erzeugen aber überproportionale Motivation. Dazu können innovative Benefits, außergewöhnliche Entwicklungschancen oder eine einzigartige Unternehmenskultur gehören.

Kano-Modell: Zwischen Zufriedenheit und Erfüllungsgrad

Siehe auch unseren Workshop „Begeisterte Mitarbeiter wie loyale Kunden produzieren“.

Der Wandel der Arbeitswelt: Was früher wichtig war

Um das Kano-Modell effektiv im Personalmarketing anzuwenden, müssen wir verstehen, wie sich Mitarbeitererwartungen historisch entwickelt haben. Die Arbeitswelt der vergangenen Jahrzehnte war geprägt von klaren Hierarchien und dem Streben nach Arbeitsplatzsicherheit.

Die Ära der Baby Boomer (1946–1964): Für diese Generation stand die Identifikation mit der Arbeit im Vordergrund. Überstunden galten als Selbstverständlichkeit, Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber war ein zentraler Wert. Die wichtigsten Faktoren waren:

  • Sichere, unbefristete Arbeitsplätze
  • Klare hierarchische Strukturen
  • Langfristige Karriereplanung innerhalb eines Unternehmens
  • Hohes Gehalt als primärer Motivator
  • Betriebliche Altersvorsorge als wichtiger Baustein

Paradigmenwechsel der 90er und 2000er Jahre: Mit der zunehmenden Globalisierung und dem technologischen Wandel veränderten sich auch die Arbeitsanforderungen. Flexibilität wurde wichtiger, gleichzeitig stiegen aber auch die Anforderungen an Mobilität und Verfügbarkeit.

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Die heutige Arbeitswelt: Generation Z trifft auf neue Realitäten

Aktuelle Studien zeigen einen fundamentalen Wandel in den Arbeitserwartungen. Laut der Gallup-Studie 2024 sind nur noch 34 % der Arbeitnehmer weltweit als „engagiert“ zu bezeichnen. Gleichzeitig zeigt die EY-Jobstudie 2025, dass über die Hälfte der Befragten (57 %) ein gutes Arbeitsklima als wichtigsten Motivationsfaktor sehen – ein hohes Gehalt motiviert dagegen nur 37 %.

Die Erwartungen der Generation Z (1996–2012): Diese Digital Natives bringen völlig andere Prioritäten mit:

  • Work-Life-Balance steht an erster Stelle
  • Flexibilität in Arbeitszeit und -ort wird vorausgesetzt
  • Sinnhaftigkeit der Tätigkeit ist entscheidend
  • Kontinuierliches Feedback wird erwartet
  • Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung sind wichtig.

Die Unterschiede sind dramatisch: Während Babyboomer Überstunden als Zeichen der Loyalität sahen, definiert die Gen Z ihren Einsatz neu und betrachtet unbezahlte Mehrarbeit nicht als Standard.

Kano-Kategorien im Zeitwandel: Was sich verschoben hat

Besonders interessant ist die zeitliche Verschiebung zwischen den Kano-Kategorien. Was früher als Begeisterungsmerkmal galt, ist heute oft nur noch Basis­erwartung:

Von Begeisterung zur Basiserwartung:

  • Homeoffice: War vor 2020 ein seltenes Begeisterungsmerkmal, ist heute für 70 % der Beschäftigten ein wichtiger Flexibilitätsfaktor
  • Flexible Arbeitszeiten: Stehen laut Gothaer-Studie 2024 mit 49 % an der Spitze der genutzten Benefits – sind aber bereits Standard geworden.
  • Betriebliche Altersvorsorge: Früher ein Begeisterungsmerkmal, heute von 34 % der KMU angeboten und zunehmend erwartet

Neue Begeisterungsmerkmale heute:

  • Sabbatical-Möglichkeiten: Längere Auszeiten für persönliche Entwicklung
  • Mental Health Support: Professionelle psychologische Betreuung am Arbeitsplatz
  • Purpose-driven Projects: Möglichkeit, an gesellschaftlich relevanten Projekten zu arbeiten
  • Reverse Mentoring: Jüngere Mitarbeitende mentoren Führungskräfte in digitalen Themen

Strategische Anwendung für die Geschäftsleitung

Als Geschäftsführer oder Geschäftsführerin erkennst du im Kano-Modell ein strategisches Instrument zur Fachkräftesicherung. Die Herausforderung: 48 % der KMU haben bereits Schwierigkeiten bei der Fachkräftegewinnung, bei größeren Unternehmen sind es sogar 59 %.

Strategische Prioritäten setzen:

  1. Basismerkmale absichern: Prüfe systematisch, ob alle Grunderwartungen erfüllt sind. Ein einziger Mangel hier kann alle anderen Bemühungen zunichte machen.
  2. Leistungsmerkmale optimieren: Investiere gezielt in Bereiche, die direkten Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben – etwa in Führungsqualität oder Entwicklungsmöglichkeiten.
  3. Begeisterungsmerkmale entwickeln: Hier liegt dein Differenzierungspotenzial. Was bietet dein Unternehmen, was andere nicht haben?

Kontinuierliches Monitoring: Da sich Erwartungen schnell wandeln, solltest du regelmäßig überprüfen, welche Merkmale in welche Kategorie fallen. Was heute noch begeistert, kann morgen schon Standard sein.

Die 3 Stufen des Kano-Modells

Praktische Umsetzung für Personalverantwortliche

Für dich als HR-Manager oder Personalleiter bietet das Kano-Modell eine strukturierte Herangehensweise an Mitarbeiterbindung und -gewinnung. Die Gallup-Studie 2024 zeigt: Führungskräfte sind für mindestens 70 % der Varianz im Mitarbeiterengagement verantwortlich.

Schritt 1: Systematische Bedarfsanalyse
Führe regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durch, die explizit nach Kano-Kategorien strukturiert sind:

  • „Was erwarten Sie als Selbstverständlichkeit?“
  • „Womit wären Sie zufriedener, wenn wir es verbessern würden?“
  • „Was würde Sie wirklich begeistern?“

Schritt 2: Generationsspezifische Differenzierung
Die Xing-Langzeitstudie 2025 zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Generationen:

  • GenZ: 45 % nennen unzureichende Bezahlung als Kündigungsgrund
  • Millennials: 39 % leiden unter hohem Stresslevel
  • Ältere Generationen: Sehen fehlerhafte Führung als häufigen Kündigungsgrund

Schritt 3: Maßnahmen-Portfolio entwickeln
Teile deine HR-Investitionen strategisch auf:

  • 60 % für Basismerkmale (Hygienefaktoren)
  • 30 % für Leistungsmerkmale
  • 10 % für innovative Begeisterungsmerkmale

Führungskräfte als Kano-Umsetzer

Du als Führungskraft bist der entscheidende Faktor bei der Umsetzung des Kano-Modells im Alltag. Studien zeigen: Teams mit starken Führungskräften haben mehr als doppelt so viele engagierte Mitarbeitende.

Deine Rolle bei den verschiedenen Kategorien:

Bei Basismerkmalen: Sorge für Grundlagen wie regelmäßiges Feedback, faire Behandlung und psychologische Sicherheit. Das moderne Führungsverständnis des „Servant Leadership“ wird hier zentral – du dienst deinem Team, anstatt nur Anweisungen zu geben.

Bei Leistungsmerkmalen: Hier kannst du direkten Einfluss nehmen. Individuelle Entwicklungsgespräche, maßgeschneiderte Weiterbildung und die Übertragung von Verantwortung liegen in deinem direkten Gestaltungsbereich.

Bei Begeisterungsmerkmalen: Sei kreativ und aufmerksam. Oft sind es kleine, persönliche Gesten oder unerwartete Möglichkeiten, die echte Begeisterung auslösen. Ein spontaner freier Nachmittag nach einem erfolgreichen Projekt kann mehr bewirken als ein standardisiertes Bonussystem.

Branchenspezifische Besonderheiten

Die Anwendung des Kano-Modells muss branchenspezifisch angepasst werden, da unterschiedliche Arbeitsumgebungen verschiedene Grunderwartungen haben.

Handwerk: Hier stehen körperliche Sicherheit und faire Bezahlung als Basismerkmale im Vordergrund. Begeisterung kann durch innovative Weiterbildung in neuen Technologien oder überdurchschnittliche soziale Benefits entstehen. Die GIM-Studie 2024 zeigt: Besonders im Baugewerbe wird der Fachkräftemangel als existenzielle Bedrohung gesehen.

Gesundheitswesen: Die hohe emotionale Belastung macht psychologische Unterstützung zu einem wichtigen Leistungsmerkmal. Begeisterung entsteht oft durch die Möglichkeit, wirklich sinnvolle Arbeit zu leisten und kontinuierlich zu lernen. Die prosoziale Motivation ist hier besonders ausgeprägt.

Einzelhandel: Flexible Arbeitszeiten sind hier oft schwerer umsetzbar, dafür können Entwicklungschancen und Teamzusammenhalt als Leistungs- und Begeisterungsmerkmale dienen.

Digitale Tools und Messbarkeit

Moderne HR-Technologie ermöglicht es, das Kano-Modell datengestützt anzuwenden. Employee-Engagement-Trends 2025 zeigen die zunehmende Bedeutung von Real-Time-Feedback und Pulse-Surveys.

Praktische Messinstrumente:

  • Regelmäßige Kurzbefragungen zu aktuellen Themen
  • Exit-Interviews strukturiert nach Kano-Kategorien
  • Analyse von internen Bewertungsplattformen
  • Kontinuierliches Monitoring von Fluktuationsraten nach Abteilungen

Herausforderungen und Fallstricke

Die Anwendung des Kano-Modells im Personalmarketing bringt auch Herausforderungen mit sich. Das Wichtigste: Was heute als Begeisterungsmerkmal funktioniert, kann morgen schon Standard sein. Die Corona-Pandemie hat diese Dynamik dramatisch beschleunigt – Homeoffice wandelte sich gewissermaßen über Nacht von einer seltenen Zusatzleistung zu einer Grunderwartung.

Weitere Herausforderungen:

  • Generationenmanagement: Verschiedene Altersgruppen habenvollkommeng unterschiedliche Kano-Profile
  • Ressourcenbeschränkungen: Nicht alle identifizierten Begeisterungsmerkmale sind finanziell umsetzbar
  • Kommunikation: Maßnahmen müssen richtig kommuniziert werden, sonst verpufft ihre Wirkung

Die Employee-Engagement-Trends für 2025 und darüber hinaus zeigen klare Richtungen auf. Künstliche Intelligenz wird zunehmend auch in der Personalabteilung Einzug halten – sowohl als Bedrohung als auch als Chance.

Neue Begeisterungsmerkmale der Zukunft:

  • KI-gestützte Lernpfade: Personalisierte Weiterbildung durch maschinelles Lernen
  • Augmented Reality Arbeitsplätze: Immersive Arbeitserfahrungen
  • Blockchain-basierte Kompetenznachweise: Transparente, übertragbare Qualifikationen
  • Biometrisches Wohlbefinden: Gesundheitsmonitoring am Arbeitsplatz

Fazit: Systematisch zu motivierten Mitarbeitenden

Das Kano-Modell bietet dir einen strukturierten Rahmen, um die sich wandelnden Erwartungen deiner Mitarbeitenden systematisch zu erfassen und strategisch zu nutzen. Der Schlüssel liegt in der kontinuierlichen Anpassung: Was gestern noch begeisterte, ist heute vielleicht schon Grunderwartung.

Erfolgreiche Personalarbeit erfordert heute mehr denn je eine differenzierte Herangehensweise. Während die Sicherstellung der Basismerkmale Pflicht ist, entstehen echte Wettbewerbsvorteile durch innovative Begeisterungsmerkmale. Die Generation Z und nachfolgende Generationen werden diese Entwicklung weiter beschleunigen.

Beginne mit einer systematischen Analyse deiner aktuellen Situation: Welche deiner Angebote fallen in welche Kano-Kategorie? Wo liegen ungenutzte Potenziale für Begeisterungsmerkmale? Und vor allem: Wie entwickeln sich die Erwartungen deiner verschiedenen Zielgruppen?

Die Investition in eine strukturierte Kano-Analyse zahlt sich mehrfach aus – durch höhere Mitarbeiterbindung, bessere Rekrutierungserfolge und letztlich nachhaltigen Unternehmenserfolg.

Benötigst du Unterstützung bei der Umsetzung? Als Fachkräftesicherer unterstützen wir dich gerne bei der systematischen Anwendung des Kano-Modells in deinem Unternehmen. Von der Mitarbeiterbefragung bis zur Entwicklung innovativer Benefits – wir begleiten dich auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Personalstrategie.

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