Führung ist mehr als nur ein Titel auf der Visitenkarte. Dennoch werden in vielen Unternehmen leistungsstarke Mitarbeitende ohne gezielte Vorbereitung in Führungspositionen befördert – oft aus Verlegenheit, Bequemlichkeit oder weil „niemand anderes da war“. Das Ergebnis: Sogenannte „Accidental Manager“ gefährden nicht nur den Teamerfolg, sondern auch die Mitarbeiterbindung und das Betriebsklima. In diesem Beitrag zeige ich dir, warum das Thema für kleine und mittlere Unternehmen besonders relevant ist – und wie du mit einer lebensphasenorientierten Personalpolitik gegensteuern kannst.
Die drei wichtigsten Fakten auf einen Blick:
- 82 % der Führungskräfte werden „zufällig“ befördert – meist ohne Training oder Vorbereitung.
- Fachkompetenz und Intelligenz allein machen keine gute Führungskraft aus – emotionale Intelligenz ist entscheidend.
- Schlechte Führung führt zu hoher Fluktuation und gefährdet die Mitarbeiterbindung.
Accidental Manager: Wenn Leistung zur Falle wird
In vielen Betrieben ist es gängige Praxis: Wer fachlich überzeugt, wird eines Tages zur Führungskraft. Doch was auf den ersten Blick nach einer logischen Beförderung aussieht, entpuppt sich oft als Fehler mit weitreichenden Folgen. Die Studie des Chartered Management Institute (CMI) [PDF, 4742 kB] zeigt: 82 Prozent der neuen Führungskräfte im Vereinigten Königreich sind sogenannte „Accidental Manager“ – sie sind eher zufällig und ohne gezielte Vorbereitung in ihre neue Rolle gerutscht.
Das Problem: Fachliche Exzellenz ist nicht automatisch gleichbedeutend mit Führungskompetenz. Viele dieser neuen Führungskräfte haben nie gelernt, wie man ein Team motiviert, Konflikte löst oder Mitarbeiter:innen individuell fördert. Besonders in kleinen und mittleren Unternehmen, in denen Hierarchien oft flacher sind und Personalentwicklung selten systematisch betrieben wird, ist das Risiko hoch, dass Mitarbeitende in Rollen gedrängt werden, für die sie nicht bereit sind.
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Fehlende Vorbereitung: Ein Risiko für das ganze Team
Die CMI-Studie und eine YouGov-Umfrage belegen: Die Hälfte aller befragten Manager:innen gab an, keinerlei Training oder Vorbereitung für ihre Führungsaufgaben erhalten zu haben. Beförderungen erfolgen häufig aus dem Bauch heraus, auf Basis persönlicher Beziehungen oder weil jemand „schon lange dabei“ ist.
Für dich als Personalverantwortliche:r oder Geschäftsführung bedeutet das: Die Gefahr wächst, dass Führungskräfte überfordert sind, Fehlentscheidungen treffen oder das Team nicht mitnehmen können. Die Folgen reichen von sinkender Motivation über Konflikte im Team bis zu erhöhter Fluktuation – ein besonders teures Problem für kleinere Betriebe, die auf eingespielte Teams angewiesen sind.
Intelligenz ist nicht alles: Was wirklich zählt
Viele Betriebe setzen bei der Auswahl von Führungskräften auf Fachwissen und Intelligenz. Doch Studien zeigen: Ein hoher IQ macht noch lange keine gute Führungskraft. Laut einer Gallup-Studie aus 2015 verfügen nur 10 Prozent der Menschen über die „richtigen“ Qualitäten für erfolgreiche Führung – und dazu zählen vordergründig emotionale Intelligenz, Empathie und die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen.
Der Psychologe Dean Keith Simons fand zudem heraus: Ab einem IQ von 120 nimmt die Effektivität von Führungskräften sogar ab. Zu viel Intelligenz kann dazu führen, dass Führungskräfte sich von ihrem Team entfremden oder Probleme zu analytisch angehen, statt menschlich zu handeln. Für dich heißt das: Achte bei der Auswahl und Entwicklung von Führungskräften stärker auf Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Empathie und Konfliktlösung.
Vetternwirtschaft und Proximity Bias: Unsichtbare Talente bleiben auf der Strecke
Ein weiteres Problem: Beförderungen erfolgen häufig nicht nach Leistung, sondern nach Nähe zur Geschäftsführung oder bestehenden Führungskräften. Die YouGov-Umfrage zeigt: Über ein Drittel der Befragten glaubt, dass vor allem diejenigen befördert werden, die viel Zeit mit Vorgesetzten verbringen. Dieses Phänomen, bekannt als „Proximity Bias“, benachteiligt gerade Mitarbeitende, die weniger sichtbar sind – etwa Teilzeitkräfte, Eltern oder Beschäftigte im Außendienst.
Das Ergebnis: Talente und Potenziale bleiben ungenutzt, Vielfalt geht verloren und das Betriebsklima leidet. Besonders für Betriebe, die auf eine gute Mischung aus Erfahrung, frischen Ideen und unterschiedlichen Lebensphasen angewiesen sind, ist das ein echtes Risiko.
Schlechte Führung kostet – und zwar richtig
Die Folgen von schlechter Führung sind messbar: Nur 27 Prozent der Arbeitnehmer:innen bewerten ihre Vorgesetzten als sehr effektiv, weitere 37 Prozent als „einigermaßen“ effektiv. Fast ein Drittel der britischen Arbeitnehmer:innen hat den Job aufgrund des Arbeitsumfelds verlassen – und verantwortlich gemacht werden vor allem Führungskräfte, die negatives Verhalten nicht unterbinden oder keine klare Richtung vorgeben.
Für kleine und mittlere Unternehmen, die ohnehin um Fachkräfte kämpfen, ist das ein Alarmsignal. Jeder Abgang kostet Zeit, Geld und Know-how. Wer es versäumt, Führungskompetenz gezielt zu entwickeln, riskiert nicht nur die Bindung der Mitarbeitenden, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Betriebs.
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Lebensphasenorientierte Personalpolitik: Der Schlüssel zu nachhaltiger Führung
Was kannst du tun, um den „Accidental Manager“-Effekt in deinem Betrieb zu vermeiden? Der wichtigste Schritt: Setze auf eine lebensphasenorientierte Personalpolitik. Das bedeutet, nicht nur fachliche Qualifikationen, sondern auch persönliche Lebensumstände, Wünsche und Potenziale deiner Mitarbeitenden zu berücksichtigen.
- Gezielte Führungskräfteentwicklung: Biete Trainings, Coachings und Mentoring-Programme an, die Führungskompetenzen systematisch aufbauen – auch für Mitarbeitende, die bislang nicht in Führungspositionen sind.
- Transparente Beförderungsprozesse: Entwickle klare Kriterien, die nicht nur Leistung, sondern auch soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit berücksichtigen.
- Vielfalt fördern: Achte darauf, dass Mitarbeitende aus allen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Hintergründen die gleichen Chancen auf Entwicklung und Aufstieg haben.
- Feedback-Kultur stärken: Ermögliche regelmäßiges, ehrliches Feedback – nicht nur von oben nach unten, sondern auch umgekehrt. So erkennst du frühzeitig, wo Führungskräfte Unterstützung benötigen.
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: ein unterschätzter Erfolgsfaktor
Gute Führung bedeutet heute auch, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben aktiv zu fördern. Wer als Führungskraft versteht, dass Mitarbeitende unterschiedliche Lebensphasen und Bedürfnisse haben – etwa Elternzeit, Pflege von Angehörigen oder persönliche Weiterentwicklung – schafft ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle wohlfühlen und langfristig bleiben wollen.
Gerade kleine und mittlere Unternehmen können hier mit Flexibilität und individueller Förderung punkten. Das zahlt sich aus: Zufriedene, motivierte Mitarbeitende sind loyaler, produktiver und seltener auf Jobsuche.
Fazit: Führung ist kein Zufall – sondern deine wichtigste Investition
Die Studien zeigen deutlich: Zufällig beförderte Führungskräfte kosten Unternehmen Motivation, Bindung und letztlich auch Geld. Wer die Führung dem Zufall überlässt, riskiert nicht nur die Performance des Teams, sondern auch die Zukunft des Betriebs.
Setze deshalb auf eine gezielte, lebensphasenorientierte Führungskräfteentwicklung – und mache Führung zu einer bewussten, wertschätzenden Aufgabe. So sicherst du nicht nur die Bindung deiner Mitarbeitenden, sondern stärkst auch die Wettbewerbsfähigkeit deines Unternehmens.
Neugierig geworden?
Unter dem Schlagwort Führung findest du weitere Tipps und Praxisbeispiele, wie du Mitarbeiterbindung und Work-Life-Balance in Kombination mit Führung in deinem Betrieb stärken kannst. Führung ist kein Zufall – mach sie zu deinem Erfolgsfaktor!
Gut zu wissen: das Peters-Prinzip
Das Peter-Prinzip beschreibt ein Phänomen in hierarchisch organisierten Unternehmen und wurde 1969 von Laurence J. Peter und Raymond Hull formuliert. Es besagt:
In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.
Das bedeutet: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden so lange befördert, wie sie auf ihrer aktuellen Position erfolgreich sind. Sobald sie jedoch eine Position erreichen, deren Anforderungen ihre Fähigkeiten übersteigen, bleiben sie auf dieser Ebene – sie sind also in ihrer neuen Rolle nicht mehr kompetent. Die Arbeit in der Organisation wird dadurch oft von denjenigen erledigt, die ihre persönliche „Inkompetenz-Stufe“ bislang nicht erreicht haben.
Das Peter-Prinzip macht auf die Problematik aufmerksam, dass Beförderungen häufig auf Basis vergangener Leistung erfolgen, ohne zu prüfen, ob die für die neue Position erforderlichen Kompetenzen tatsächlich vorhanden sind.
Schlussfolgerung zu Accidental Manager und Peters-Prinzip
Accidental Manager und das Peter-Prinzip beschreiben verwandte, aber unterschiedliche Phänomene im Management:
Ein Accidental Manager ist jemand, der zur Führungskraft wird, weil er oder sie im bisherigen Job fachlich überzeugt hat – jedoch ohne gezielte Vorbereitung oder Training für die neue Rolle. Das Problem: Führung erfordert andere Kompetenzen als die bisherige Fachaufgabe, und viele „Accidental Manager“ fühlen sich überfordert oder sind tatsächlich nicht ausreichend qualifiziert für Führungsaufgaben.
Das Peter-Prinzip hingegen beschreibt, dass Mitarbeiter in Hierarchien so lange befördert werden, bis sie eine Position erreichen, in der sie nicht mehr kompetent sind – also ihre „Stufe der Unfähigkeit“. Die Ursache ist ähnlich: Beförderungen erfolgen oft auf Basis der bisherigen Leistung, nicht der Eignung für die neue Rolle.
Während das Peter-Prinzip das strukturelle Problem von Beförderungen bis zur Inkompetenz beschreibt, benennt der Begriff Accidental Manager konkret die Folge: Menschen landen ohne gezielte Vorbereitung oder Training in Führungspositionen. Beide Phänomene führen dazu, dass Führungskräfte ihre Aufgaben nicht optimal erfüllen können – sie sind also eng miteinander verbunden, aber nicht identisch.
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