Warum Anwesenheitsboni nach hinten losgehen: die gefährliche Botschaft falscher Anreizsysteme

Du möchtest mehr Mitarbeitende am Arbeitsplatz sehen und denkst darüber nach, Anwesenheitsboni einzuführen? Aktuelle Forschung zeigt: Diese gut gemeinte Strategie bewirkt oft das Gegenteil und sendet eine fatale Botschaft an Deine Belegschaft. Gerade für kleine und mittlere Betriebe wie Deinen ist das ein wichtiger Denkanstoß für Deine Personalpolitik.

Die drei wichtigsten Erkenntnisse

  • Anwesenheitsboni erhöhen Fehlzeiten: Studien belegen einen Anstieg der Abwesenheit um bis zu 50 % bei monetären Anreizsystemen
  • Falsche Signale verändern die Unternehmenskultur: Mitarbeitende interpretieren Anwesenheitsboni als Zeichen dafür, dass Fehlen normal und akzeptabel ist
  • Langfristige Schäden sind nachhaltiger: Auch nach Abschaffung der Prämien bleiben die negativen Effekte bestehen

Die überraschende Studie: Wenn Belohnungen bestraft werden

Eine bahnbrechende Studie der Universität Köln und der Frankfurt School of Finance untersuchte die Auswirkungen von Anwesenheitsboni bei über 232 Filialen einer deutschen Einzelhandelskette. Die Ergebnisse waren alarmierend: Anstatt die Fehlzeiten zu reduzieren, stiegen sie bei den mit Geld belohnten Auszubildenden um durchschnittlich 50 %.

Die Forscher Jakob Alfitian, Dirk Sliwka und Timo Vogelsang verglichen dabei drei Gruppen: Eine Kontrollgruppe ohne Anreizsystem, eine Gruppe mit monetären Belohnungen (bis zu 240 Euro pro Jahr) und eine Gruppe mit Freizeitprämien (bis zu vier zusätzliche Tage).

Die psychologische Falle der Anreize

Der Mechanismus hinter diesem paradoxen Effekt ist psychologisch erklärbar. Wenn Du für selbstverständliche Verhaltensweisen wie Anwesenheit bezahlst, vermittelst Du unbewusst die Botschaft, dass dieses Verhalten nicht normal ist. Deine Mitarbeitenden schlussfolgern: »Wenn mein Arbeitgeber mir Geld dafür zahlt, dass ich da bin, dann ist es wohl in Ordnung, manchmal zu fehlen.«

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Besonders betroffen: neue Mitarbeitende

Interessant ist, dass sich der negative Effekt vorwiegend bei neu eingestellten Mitarbeitenden zeigte. Diese Gruppe ist besonders empfänglich für Signale über die Unternehmenskultur und interpretiert Anwesenheitsboni als Hinweis darauf, dass gelegentliche Abwesenheiten akzeptiert werden.

Warum Du als KMU besonders aufpassen musst

Für Dich als kleines oder mittleres Unternehmen sind diese Erkenntnisse besonders relevant. Fehlzeiten kannst Du Dir weniger leisten als Großkonzerne. Wenn in Deinem 20-köpfigen Team plötzlich zwei Schlüsselpersonen häufiger fehlen, kann das schnell zu Produktionsausfällen oder Serviceeinschränkungen führen.

Die Herausforderung der Mitarbeiterbindung

Gleichzeitig stehst Du im Wettbewerb um Fachkräfte. Die Versuchung, mit schnellen monetären Anreizen zu reagieren, ist groß. Doch wie die Studie zeigt, können falsche Anreizsysteme mehr schaden als nutzen.

Eine Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung bestätigt: »Gehaltserhöhungen, Dienstwagen, Mobiltelefone auf Firmenkosten sowie sonstige materielle Anreize zur Mitarbeiterbindung zeigen oft nicht den gewünschten Effekt«.

Alternative Ansätze für Dich als KMU

Anstatt auf problematische Anwesenheitsboni zu setzen, solltest Du auf lebensphasenorientierte Personalpolitik bauen. Dieser Ansatz berücksichtigt die unterschiedlichen Bedürfnisse Deiner Mitarbeitenden in verschiedenen Lebensphasen:

Flexible Arbeitsmodelle als Lösung

Flexible Arbeitszeiten rangieren in aktuellen Studien mit 49 % auf Platz eins der meistgenutzten Mitarbeiterbindungsmaßnahmen. Diese Flexibilität kostet Dich weniger als Anwesenheitsprämien und signalisiert Vertrauen statt Misstrauen.

Vertrauen statt Kontrolle

Psychologische Sicherheit und Vertrauen sind fundamentale Elemente erfolgreicher Mitarbeitermotivation. Wenn Deine Mitarbeitenden das Gefühl haben, ohne Angst vor negativen Konsequenzen ihre Meinungen äußern zu können, steigt ihre Bindung an Dein Unternehmen.

Die Checkliste für wirksame Anreizsysteme

Die Kölner Forscher haben eine praktische Checkliste entwickelt, mit der Du Deine Anreizsysteme überprüfen kannst. Ein Anreizsystem ist umso wirksamer, je mehr der folgenden Kriterien es erfüllt:

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1. Orientierung an echten Zielen

Der Anreiz sollte sich an den tatsächlichen Unternehmenszielen orientieren, nicht an Symptomen.

2. Betonung von Verhaltensweisen

Erfolgreiche Anreizsysteme belohnen konkrete Verhaltensweisen, die Deine Mitarbeitenden beeinflussen können.

3. Positive Signale zur Unternehmenskultur

Anreize sollten keine pessimistischen Botschaften über Deine Unternehmenskultur senden.

4. Fokus auf Ergebnisse, nicht auf Aktionen

Die Belohnung sollte sich auf messbare Ergebnisse konzentrieren, nicht auf die bloße Durchführung von Aktionen.

5. Förderung von Teamgeist

Anreizsysteme sollten kooperatives Verhalten fördern, nicht egoistische Handlungen.

6. Minimierung von Demotivation

Ein gutes Anreizsystem wirkt nicht demotivierend auf andere Mitarbeitende.

Work-Life-Balance als Kernstrategie

Moderne Studien zeigen, dass Work-Life-Balance-Initiativen deutlich effektiver sind als monetäre Anreize. Unternehmen, die flexible Arbeitsarrangements anbieten, sehen eine 25 % Reduzierung der Mitarbeiterfluktuation.

Familien- und Mitarbeiterfreundliche Maßnahmen

Besonders familienfreundliche Richtlinien zeigen positive Effekte auf die Mitarbeiterbindung. Dazu gehören:

  • Flexible Arbeitszeiten
  • Möglichkeiten für Homeoffice
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung
  • Elternzeitregelungen
  • Sabbaticals

Die Bedeutung intrinsischer Motivation

Die Forschung zeigt, dass intrinsische Motivation langfristig wirksamer ist als extrinsische Anreize. Mitarbeitende, die Sinn in ihrer Arbeit finden und sich wertgeschätzt fühlen, sind produktiver und loyaler.

Die drei Säulen intrinsischer Motivation

  1. Autonomie: Deine Mitarbeitenden wollen eigenständig Entscheidungen treffen
  2. Meisterschaft: Menschen streben nach Kompetenz und Meisterschaft
  3. Sinn: Die Arbeit sollte einen erkennbaren Sinn haben

Praxisbeispiele erfolgreicher Alternativen

Flexible Arbeitsmodelle

Ein mittelständisches Unternehmen führte statt Anwesenheitsprämien flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten ein. Resultat: 15 % weniger Fehlzeiten und 20 % höhere Mitarbeiterzufriedenheit.

Weiterbildungsprogramme

Investitionen in Mitarbeiterentwicklung zahlen sich aus: 68 % der Personalmanager führen den Erfolg der Mitarbeiterbindung auf Weiterbildungs- und Anerkennungsprogramme zurück.

Gesundheitsförderung

Präventive Gesundheitsmaßnahmen sind effektiver als reaktive Anwesenheitsboni. Ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement reduziert Fehlzeiten nachhaltiger.

Mitarbeiterunterstützungsprogramme

Angebote wie psychologische Beratung oder Coaching helfen Mitarbeitenden bei persönlichen und beruflichen Herausforderungen. Unsere Kunden berichten von sinkenden Fehlzeiten und spürbar gestärkter Mitarbeiterbindung.

Warnsignale problematischer Anreizsysteme

Du solltest aufmerksam werden, wenn:

  • Mitarbeitende trotz Krankheit zur Arbeit erscheinen (Präsentismus)
  • Die Unternehmenskultur sich verschlechtert
  • Kolleg*innen sich ungerecht behandelt fühlen
  • Die Prämien nicht die gewünschten Effekte zeigen

Rechtliche Rahmenbedingungen

Anwesenheitsprämien sind rechtlich zulässig, unterliegen aber strengen Auflagen. Sie dürfen nicht als Druckmittel missbraucht und müssen transparent kommuniziert werden. Das Entgeltfortzahlungsgesetz schützt Deine Mitarbeitenden bei Arbeitsunfähigkeit.

Kommunikation als Schlüssel

Entscheidend für den Erfolg jeder Personalpolitik ist die richtige Kommunikation. Transparente und ehrliche Kommunikation schafft Vertrauen und verhindert Missverständnisse. Deine Mitarbeitenden müssen verstehen, dass Maßnahmen der Wertschätzung und nicht der Kontrolle dienen.

Fazit zu Anwesenheitsboni

Die Forschung zeigt eindeutig: Anwesenheitsboni sind ein gefährliches Instrument, das mehr schadet als nutzt. Für Dich als kleines oder mittleres Unternehmen bedeutet das, Deine Personalpolitik grundlegend zu überdenken. Statt auf kurzfristige monetäre Anreize zu setzen, solltest Du auf Vertrauen, Flexibilität und lebensphasenorientierte Ansätze bauen. Die Investition in eine wertschätzende Unternehmenskultur zahlt sich langfristig aus – sowohl für Deine Mitarbeitenden als auch für Deinen Unternehmenserfolg.

Echte Mitarbeiterbindung entsteht nicht durch Geld, sondern durch Vertrauen, Wertschätzung und die Möglichkeit, Beruf und Privatleben sinnvoll zu vereinbaren.

Thomas Kujawa, Fachkräftesicherer und Fluktuationsbändiger

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