Wenn Du als Arbeitgeber Bußgelder übernimmst, die Deine Mitarbeiter etwa im Rahmen ihrer beruflichen Fahrten erhalten, solltest Du wissen: Diese Zahlungen gelten als sogenanntes verdecktes Arbeitsentgelt und sind sozialversicherungspflichtig. In diesem Beitrag erfährst Du, welche Regeln gelten, wie Du Schaden vom Betrieb fernhältst und was aktuelle Urteile dazu sagen. Am Ende erhältst Du Tipps, wie Du in schwierigen Fällen Unterstützung aus unserem Netzwerk bekommst.
Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
- Bußgelder, die ein Arbeitnehmer im Auftrag des Arbeitgebers erhält und die der Arbeitgeber zahlt, sind sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt (Sächsisches Landessozialgericht, AZ L 1 B 321/06 KR-ER).
- Diese Zahlungen sind auch dann sozialversicherungspflichtig, wenn die Bußgelder während der Arbeitszeit wegen Verstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Lenkzeitüberschreitungen entstehen.
- Eine Ausnahme gilt für Verwarnungsgelder bei Parkverstößen, die der Arbeitgeber als Fahrzeughalter zahlt, ohne Regressansprüche gegen den Fahrer geltend zu machen (BFH-Urteil vom 13. August 2020, VI R 1/17). In diesem Fall entsteht beim Arbeitnehmer kein steuerpflichtiger Arbeitslohn.
- Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge bei übernommenen Bußgeldern kann zu Nachzahlungen, Bußgeldern bis zu 25.000 Euro und sogar strafrechtlichen Folgen führen (§ 266a StGB).
- Arbeitgeber haften in der Regel selbst für fehlende Beiträge und können Rückforderungen vom Arbeitnehmer meist nur für drei Monate abdecken.
Bußgelder als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt
Wenn ein Arbeitnehmer im Auftrag des Arbeitgebers mit einem Firmenfahrzeug unterwegs ist und während dieser Zeit ein Bußgeld wegen einer Geschwindigkeits- oder Lenkzeitüberschreitung erhält, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die vom Bußgeld übernommenen Beträge als verdecktes Arbeitsentgelt zu behandeln. Das hat das sächsische Landessozialgericht (Aktenzeichen L 1 B 321/06 KR-ER) in einem wegweisenden Urteil bestätigt. Demnach sind auf diese Zahlungen Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Warum? Weil Bußgelder nicht zu den „notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ zählen. Auch wenn der Arbeitgeber die Zahlung der Bußgelder übernimmt, bleibt die finanzielle Belastung eine Leistung zugunsten des Arbeitnehmers, die als Lohn zu bewerten ist. Diese muss daher sowohl steuerlich als auch sozialversicherungsrechtlich behandelt werden.
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Die Konsequenz: Wenn Du als Arbeitgeber die Bußgeldzahlungen begleichst, bist Du verpflichtet, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkassen und Rentenversicherung abzuführen. Kommst Du dem nicht nach, drohen erhebliche finanzielle Risiken.
Ausnahme für Verwarnungsgelder bei Parkverstößen
Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme, die viele Fuhrparkverantwortliche betrifft: Das Bundesfinanzhof-Urteil vom 13. August 2020 (VI R 1/17). Danach ist die Übernahme eines sogenannten Verwarnungsgeldes durch den Arbeitgeber als Halter des Fahrzeugs – typischerweise bei Parkverstößen – keine sozialversicherungspflichtige Lohnzahlung, sofern der Arbeitgeber keinen Regress gegenüber dem Arbeitnehmer geltend macht.
Die richtige Handhabung lautet also: Wenn Du als Arbeitgeber das Verwarnungsgeld bezahlst und explizit auf eine Rückforderung verzichtest, entsteht bei Deinem Mitarbeiter kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil. Dies gilt jedoch nur für Parkverstöße, bei denen der Fahrzeughalter Entscheider ist. Bei anderen Ordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Lenkzeitverstößen bleibt die Sozialversicherungspflicht bestehen.
Risikofaktor Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen
Eine der größten Gefahren für Dich als Arbeitgeber besteht bei der Nichtabführung der erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge. Nicht nur ausstehende Nachzahlungen können auf Dich zukommen – und zwar für Beiträge aus bis zu vier Jahren rückwirkend (und bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahren) –, sondern auch Bußgelder von bis zu 25.000 Euro. Im schlimmsten Fall droht eine strafrechtliche Verfolgung wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB), die Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen nach sich ziehen kann.
Die Deutsche Rentenversicherung prüft Verstöße regelmäßig bei Betriebsprüfungen und meldet Auffälligkeiten an die zuständigen Behörden. Die Haftung für die nicht abgeführten Beiträge liegt in der Regel beim Arbeitgeber – Rückforderungen vom Arbeitnehmer sind meist auf drei Monate beschränkt und können oft nicht durchgesetzt werden, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist oder der Mitarbeiter nicht mehr greifbar ist.
Praktische Handlungsempfehlungen für Dich als Arbeitgeber
Damit Du Schaden von Deinem Unternehmen fernhältst, solltest Du folgende Schritte beachten:
- Prüfe jeden Bußgeldbescheid sorgsam: Ist das Bußgeld während der Arbeitszeit und in Ausübung der beruflichen Tätigkeit entstanden? Falls ja, ist es in der Regel sozialversicherungspflichtig, wenn Du den Betrag übernimmst.
- Unterscheide Bußgelder von Verwarnungsgeldern: Bei Parkverstößen kannst Du das Verwarnungsgeld als Fahrzeughalter zahlen und auf Regress verzichten, um Sozialversicherungspflicht zu vermeiden. Dokumentiere diesen Verzicht schriftlich.
- Führe die Sozialversicherungsbeiträge korrekt ab: Stelle sicher, dass alle übernommenen Bußgelder als Arbeitsentgelt mit abgerechnet und die entsprechenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge abgeführt werden.
- Regelungen zur Rückforderung: Lege in Deinen Arbeits- oder Dienstverträgen fest, ob und in welchen Fällen Du Regressansprüche geltend machen kannst oder verzichtest.
- Nutze das Verfahren „Verbindliche Auskunft“ bei Unsicherheiten: Wenn unklar ist, ob Beiträge abzuführen sind, kann das Finanzamt für Rechtssicherheit sorgen.
- Dokumentiere alles sorgfältig: Insbesondere die Übernahme von Bußgeldern, die Abführung der Beiträge sowie Absprachen zu Regressansprüchen.
Ausblick: Unterstützung bei kniffligen Fällen
Die Praxis zeigt, dass die sozialversicherungsrechtliche Behandlung von übernommenen Bußgeldern komplex sein kann – insbesondere bei gemischten Fällen und individuellen Vereinbarungen. Deshalb bieten wir Dir als Teil unseres Netzwerks kompetente Hilfe durch erfahrene Steuerberater und Fachanwälte an.
Eventuell ist unser kostenfreies Videomeeting „BindungsJourFix“ für einen unverbindlichen Austausch mit HR-Kolleginnen und -Kollegen eine Möglichkeit für Dich. So kannst Du rechtliche Fallstricke vermeiden und Deinen Betrieb sicher aufstellen.