Anlässlich des 18. Geburtstages der familienfreund KG am 3. Mai 2024, freuen wir uns, ein exklusives Interview mit einer unserer langjährigen Netzwerk-Partnerinnen Martina Koch zu präsentieren. Martina ist seit der Gründung ein geschätzter, bis 2023 nur virtueller, Partner, obwohl sie im Saarland tätig ist. Dieses besondere Gespräch bietet einen Einblick in die gemeinsame Reise, die Herausforderungen und Erfolge, sowie die Visionen für eine zukunftsorientierte, familienfreundliche Arbeitswelt. Begleiten Sie Martina und uns auf dieser virtuellen Feier des gemeinsamen Engagements für eine bessere Balance zwischen Beruf und Familie von 0 bis 99+.
Zuallererst: Herzlichen Glückwunsch zu Eurem Jubiläum!
- Wer ist Martina Koch?
Ich bin 1964 im Saarland geboren, seit 1986 haben mein Mann Thomas und ich als Team durch vielerlei Lebensgewässer eine oft auch herausfordernde, aufreibende, aber auch lehrreiche gemeinsame Wegstrecke hinter uns gebracht. Wir haben 2 erwachsene Kinder, die mit ihren Partnern Sorgearbeit für 4- und 2-Beiner leisten. Als Familie kennen wir die Herausforderungen und die Vielfalt von Vereinbarkeit, sei es Betreuung jeglicher Art, Begleitung von Krankheit, oder wie 2016 dann bis zum Tod (meines Vaters).
- Wo lebst und arbeitest Du?
In Saarbrücken, im Saarland.
- Was ist Deine aktuelle Tätigkeit
Lass mich bitte mit meinem Werdegang einleiten, so kann man meine Person vielleicht besser greifen:
Ich bin im Familienunternehmen angestellt, mit unterschiedlichsten Rollen. Seit 2008 bin ich auch in den SHG-Kliniken beschäftigt, seit 2010 im Thema Vereinbarkeit, 2017–2020 für 2 Kliniken des SHG-Konzerns.
2019 hatte ich mich nach Führungswechsel meines direkten Vorgesetzten in der Verwaltungsdirektion, aus vollem Herzen und Verstand gegen diese Art von Führung entschieden.
Team- und führungsorientiert bin ich seitdem (neben dem Angestelltenverhältnis im Familienunternehmen) im Konzern nur noch für die SHG-Kliniken Sonnenberg mit Herzblut im Einsatz. Meine Werte, dabei Wertschätzung meiner Mitmenschen, Augenhöhe und Empathie, sind die, die ich bei Kolleg*innen und vor allem Führungspersonen spüren möchte. Mein Alter, meine Lebens- und Berufserfahrung lassen mich da sehr konsequent sein, ich arbeite nicht mit Menschen, oder für Menschen, die hier ein unbelehrbares Defizit zeigen.
Im beruflichen Leben bin ich sozialisiert durch eine unternehmerisch denkende, vertriebs- und kundenorientierte Familie. Beruflich befinde ich mich immer im Spagat zwischen meiner eigenen Sozialisierung und dem Angestelltenverhältnis im Gesundheitswesen.
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In den SHG-Kliniken Sonnenberg steht auf meinem Namensschild »Servicestelle Familie & Beruf«. Im Alltag gestalte ich die Servicestelle, ich organisiere sie und entwickle sie weiter.
Bis ich 2014 in diese eigenständige Funktion kam, war ich ab 2010 dem Qualitätsmanagement (QM) und dem Organisationsentwickler der Kliniken in Völklingen zugeordnet. In dieser Zeit durfte ich viel dazulernen, was wiederum meine Ausrichtung in Richtung Unternehmenskultur prägte. Seither bewege ich mich auch in Themen, die in der ersten Betrachtung nichts mit Vereinbarkeit zu tun haben. Der zweite jedoch zeigt, dass ich den Boden der Unternehmenskultur weiter mit aufbereiten möchte, sodass lebensphasenorientieres Personalmanagement für Mitarbeitende persönlich spürbar und für mit Führung Beauftragte immer besser möglich wird. Dabei nutze ich meinen Blick als Nachhaltigkeitsmanagerin und Demografielotsin, als Netzwerkerin gerne das Touchpoint-Management.
Wer mehr über meine Haltung und Themen wissen will, kann sich gerne mit mir über LinkedIn vernetzen.
- Vereinbarkeit: Wie siehst Du die Entwicklung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in den letzten Jahren und welche Rolle spielt dabei die Lebensphasenorientierung?
Als ich 2011 an einer Veranstaltung (»Pflege-Tabu oder Trend?«) des Unternehmensnetzwerks Erfolgsfaktor Familie und der Lokalen Bündnisse für Familie teilnahm, wurde ich in meiner Einstellung (und in meinem schon damals bestehenden Konzept) bestätigt, dass Vereinbarkeit weit über Kinderbetreuung hinaus zu denken ist. Schon früh visualisierte ich die Vereinbarkeitsherausforderungen in einem Lebensphasen-Zeitstrahl und nahm dabei auch die Herausforderungen der Lebenspartner*innen mit auf. Diese sind uns im Personalmanagement oft nicht präsent, wirken sich aber genauso häufig auf die Mitarbeitenden und damit auf Teams und Organisation aus. Wichtig finde ich dabei, die Lebensphasen-Zuordnungen nicht als in Stein gemeißelt zu sehen. Ja, das ist eine Herausforderung für Führung, ich bin jedoch sicher, es zahlt sich aus.
- Pflege: Welche Herausforderungen siehst Du im Bereich der Pflege am Arbeitsplatz und welche Lösungsansätze empfiehlst Du Unternehmen?
Was die Sichtbarkeit der Vereinbarkeit von privater Pflege und Beruf betrifft, hat sich seit dieser oben erwähnten Veranstaltung schon viel getan.
Dennoch ist bei der Nutzung des Begriffes Vereinbarkeit zu häufig im ersten Schritt die Betreuungsverantwortung für Kinder gemeint. Die durchwachte Nacht durch Kinder wird im Team vielleicht kommuniziert, aber wird genauso über die Nacht mit zu Umsorgenden oder zu Pflegenden gesprochen?
Und da ist nicht immer das Bild junge Hand unterstützt alte Hand, manchmal ist es leider auch ein Kind mit Pflegegrad oder Ehepartnerin. Seit ich mich mit dem Thema „Private Pflege“ beschäftigte, spreche ich mich für die Sichtbarkeit der Phase von privater Pflege aus, die ich „Fürsorgeverantwortung“ nenne. Manchmal schon sehr lange, bevor Rollator, oder Pflegebett überhaupt Thema sind, ist das der Beginn einer eventuellen „Pflege-Karriere“.
Schon da kann die Lebensphase zur Zeitverdichtung und damit auch zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen führen. Gemeint ist die Fahrt zum Facharzt in die nächste Stadt, die Reinigung des zweiten Haushaltes, die Unterstützung beim Einkaufen und so Vielem mehr.
Was können Unternehmen tun?
Mein Vorschlag für den ersten Schritt: an geschützter, für alle dennoch zugänglichen Stelle, Info-Broschüren auslegen. Im Intranet einen FAQ »Private Pflege – was nun?« hinterlegen, Ansprechpersonen qualifizieren (am besten als Pflege-Lotsin) und sichtbar machen, einen Info-Fundus mit Checklisten, Ansprechpartner*innen regional- und bundesweit bereitstellen.
Und dann Maßnahmen beleuchten: Was bieten wir Mitarbeitenden mit Betreuungsverantwortung für Kinder, was davon ist nutzbar, oder mit wenig Abänderung anpassbar. Wer in unserem geschäftlichen Umfeld kann uns unterstützen – mit schon vorhandenen Dienst- oder Beratungsleistungen oder mit den Möglichkeiten, das eigene Angebotsportfolio zu erweitern.
- Lokale Bündnisse: Wie bewertest Du die Bedeutung lokaler Bündnisse für Familie und Beruf (LBfF) für die regionale Wirtschaft?
Die LBfF sind für mich eine der großen Hilfestellungen, auch und im Besonderen in Deiner Frage, was Unternehmen im Thema Betreuungsverantwortung für zu Pflegende machen können: aktiver Bündnispartner werden.
Am Standort, aber auch bundesweit sind in den LBfF Bündnispartnerinnen vernetzt, die in den Themen rund um Lebensphasenorientierung ähnliche Herausforderungen als Arbeitgeber haben. Jedoch sind einige dabei, die in ihrem Portfolio Dienstleistungen bieten, die wiederum Erleichterung für die ein oder andere Lebensphase bringen können.
Konkret ist das z.B. bei der gemeinsamen Erarbeitung eines Trauerleitfadens die miteinfließende Erfahrung des Bündnispartners eines Bestattungsunternehmens. Beim FAQ „Private Pflege was nun?“ die hilfreichen Informationen der Pflegestützpunkte. Im Thema Kinderbetreuung, selbstverständlich die Vertreter des Jugendamtes und bei der Unterstützung von Alleinerziehenden, die der Job- und Arbeitsagentur.
Meiner Meinung nach ist ein Netzwerk, wie die LBfF immer so wirksam, wenn die Grundlage „gemeinsames Wachsen“ sowie „ehrliches Teilen von Herausforderungen, Lösungen und Fehlschlägen“ ist. Und natürlich faires und ehrliches Mitgestalten, was bedeutet eine Vertretung in Arbeitszeit in die Arbeitsgruppen zu schicken.Klar, ein Invest, aber ebenso klar mit WIN-WIN.
Für meinen ersten FAQ Private Pflege durfte ich 2011 das Dokument des LBfF aus Freiburg nutzen, dies zeigt, das Netzwerk ist nicht nur für den regionalen Standort, sondern auch bundesweit nützlich. Auch unsere fruchtbare Verbindung [Anm: mit der familienfreund KG] besteht ja nun schon jahrelang und der Beginn war unser beider Aktivität im Netzwerk.
- Digitalisierung: Wie beeinflusst die Digitalisierung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Auch in Themen der Vereinbarkeit spielt die Digitalisierung eine große Rolle und wird einen noch größeren Einfluss haben. Nehmen wir Martina Koch als Beispiel: Der 2. Enkel bekam keinen Betreuungsplatz, passend zum ersten Arbeitstag von Mutter und Vater. Also habe ich mich als Oma bereiterklärt, an wenigen Tagen, die Vereinbarkeitslücke in der Familie aufzufangen. Dazu muss man aber Arbeitgeber mit der richtigen Haltung zur Arbeit finden, nämlich ergebnis- und nicht präsenzorientiert. Die habe ich und darüber bin ich froh. Die Digitalisierung und die Befähigung dazu, hilft mir, sei es die Zugriffsmöglichkeit auf E-Mails oder Dokumente (auch in einer Cloud), oder Online-Meetings.
Aber das ist das Offensichtliche und Mitarbeitende direkt Betreffende.
Schauen wir aber auch auf Tools und Instrumente direkt im Vereinbarkeitskontext: da sind es z.B. Apps, die in der partnerschaftlichen Vereinbarkeit Aufgaben teilen und sichtbar werden lassen. Es ist das große Feld von „Smart Home“, auch in Phasen der Fürsorge und privater Pflege. Hier sind als Beispiel das Smartphone oder auch der smarte Bilderrahmen mit der Möglichkeit Enkel- oder Urenkelbilder zu schicken und damit Teilhabe zu ermöglichen. Der Notrufknopf, die Trittmatte, all dies kann unterstützen und die Lebensphase der Fürsorge- oder Pflegeverantwortung zu erleichtern.
- Mitarbeiterbindung: Was sind die Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Mitarbeiterbindung in Deinem Erfahrungsbereich?
Einer der Schlüsselfaktoren ist für mich „Psychologische Sicherheit“ im Team und eine auf Vertrauen basierende Unternehmenskultur. Denn, neben allen anderen Marketing Maßnahmen, Mitarbeitende sind als Multiplikator*innen für mich mit das stärkste Recruiting-Instrument. Und sie werden diese Rolle nur einnehmen, wenn es ihnen mit und in der Organisation gut geht.
- Netzwerkarbeit: Wie hat sich die Netzwerkarbeit in den letzten Jahren verändert und welchen Einfluss hat sie auf die Mitarbeiterbindung?
Für mich als NetzwerkArchitektin mit Leib und Seele ist Netzwerk-Aktivität elementar wichtig, um gut aufgestellt in die Zukunft zu gelangen. Wir werden bei dem schnellen „Verfall“ von Information und Wissen nicht alles selbst im Kopf haben oder die Kompetenz dazu aufbauen können. Wichtiger wird den Blick dazu zu haben, wer etwas weiß oder kann. Es mindert meine Stärke nicht, wenn ich anerkenne, das jemand anderes etwas besser kann, weil er die Kompetenz dazu schon hat. Der (selbst-) kritische Blick, muss ich es selbst lernen, oder kann ich jemandem die Bühne geben, der es jetzt schon kann, der Vorteil, die Richtige im Netzwerk zu haben, das m. M. n. wird zukünftig eine der zukunftsweisenden Dinge sein. Und letzendlich aus Schnittstellen ineinandergreifende Nahtstellen zu machen.
- Zukunft der Arbeit: Welche Trends siehst Du, Martina Koch, in der Zukunft der Arbeit und wie sollten Unternehmen darauf reagieren?
Ergebnis-, nicht Präsenzorientierung; Lernende Organisation; Befähigung der Mitarbeitenden, sich neues Anzueignen; Bewusstsein für und Übertragung von an informellen Lernorten erworbene Skills; Lebenslanges Lernen – das sind einige, der für mich wichtigen Trends.
- Führungskultur: Welche Rolle spielt die Führungskultur bei der Förderung einer ausgewogenen Work-Life-Balance?
Die Führungskultur spielt eine sehr große Rolle. Deshalb sehe ich es als wichtig an, Fach- und Menschen-Führung genau zu betrachten. Nicht jede Person, die in ihrem Fach gut ist, ist es auch in Menschenführung und nicht jede möchte gerne führen.
Das Unternehmen kann noch so viele positive Maßnahmen und Angebote z.B. für Vereinbarkeit machen, wenn Führung diese nicht kennt (egal, ob aus mangelnder Zeitressource zum Nachlesen oder aus mangelnder, eigener Betroffenheit, wird es immer blinde (Info-) Flecken geben und es kommt dann irgendwann zur Aussage: „Oh, hätte ich das gewusst, das hätte mir geholfen…“
- Persönliche Erfahrung: Was motiviert Dich persönlich, Dich für die Themen Vereinbarkeit und Mitarbeiterbindung einzusetzen?
Selbst hatte und habe immer ich familiäre Unterstützung bei der Betreuungsverantwortung unserer Kinder. Ich selbst unterstütze bei der Betreuungsverantwortung der Enkelkinder, ab und an auch bei den Enkelhunden und regelmäßig bei der Versorgung des alten Islandpferdes. Ich sah schon (vor 2008) beim Mitaufbau einer Nachmittagsbetreuung, wie viele Familien auf sich allein gestellt sind.
In der Lebensphase der privaten Pflege profitierte ich von dem beruflich erarbeiteten Netzwerk. Der Titel einer wissenschaftlichen Arbeit einer saarländischen Professorin „Am Ende habe ich gewusst, was ich am Anfang gerne gewusst hätte“ prägt meine Lotsinnenarbeit auch sehr.
Die eigenen Herausforderungen und mein Bestreben im Nachhaltigkeits-Handlungsfeld Soziales mit gestaltend und wirksam sein zu können, motiviert mich immer wieder dazu, Silos zu überwinden, statt Schnittstellen Nahtstellen zu finden oder auch mit zu erarbeiten.
🎉 18 Jahre familienfreund KG: Eine Erfolgsgeschichte der Fachkräftesicherung
Am 3. Mai 2006 begann die Reise der familienfreund KG als »zentraler Ansprechpartner für Familie von 0 bis 99+ (ZAP)«. 18 Jahre später, hat sich das Unternehmen zu einem Spezialisten für Fachkräftesicherung entwickelt. Es unterstützt kleine und kleinste Betriebe dabei, dass ihre Beschäftigten mit Freude in die Werkhalle, ins Homeoffice oder ins Büro kommen.
Die Wurzeln der familienfreund KG liegen in der Arbeitsgruppe Personalarbeit der Familienstadt Leipzig. Als deutschlandweit erste wirtschaftlich selbstständige Ausgründung aus einem lokalen Bündnis für Familie hat sie Maßstäbe gesetzt. Der Fokus liegt nach wie vor auf der bedürfnisorientierten Personalarbeit durch systemische Mitarbeiterunterstützung.
Doch das ist nicht alles! Die familienfreund KG hat sich auch in anderen Bereichen einen Namen gemacht. Spannende Projekte in der Filmindustrie, der Wohnungswirtschaft und der Wirtschaftsförderung zählen mittlerweile zu ihren Referenzen. Aus dem Herzen Mitteldeutschlands heraus gestaltet sie die Zukunft der Arbeit – eine Erfolgsgeschichte, die wir zum 18. Geburtstag feiern! 🎂